Spannende Fakten und Anekdoten

Der Kult ums weiße Gold

Heiß ersehnt: Endlich ist wieder Spargelzeit. Das Königsgemüse erfreut sich hierzulande größter Beliebtheit – ob klassisch mit Schinken, Kartoffeln und Butter oder in Suppen, Quiches und Salaten.

Eine Hand voller Spargel
Spargelernte ist aufwendig: Weißer Spargel muss erst vorsichtig freigelegt werden. Foto: iStock

Von seinen Fans wird er „Königsgemüse“ genannt, „weißes Gold“ oder gar „Elfenbein zum Essen“. Die Rede ist von deutschem Spargel, einer Delikatesse, die frisch nur wenige Monate im Jahr genossen werden kann – und die trotzdem, oder vielleicht gerade deswegen, eines der beliebtesten Saisongerichte auf unseren Tellern ist. Die Begeisterung für die zart-bitteren Stangen ist ein deutsches Phänomen: In keinem anderen Land wird mehr Spargel gegessen als bei uns. Und mit 17 Prozent der Anbauflächen beansprucht der Spargel hierzulande mehr Platz als jedes andere Gemüse. 1,6 Kilogramm essen die Deutschen davon durchschnittlich pro Jahr – also sechsmal so viel wie beispielsweise unsere Nachbarn in den Niederlanden. Dabei gibt es die Stangenware frisch nur zwischen April und Juni. Dann ist „Spargelzeit“ und das Edelgemüse nahezu allgegenwärtig: an Straßenständen, in Pop-up-Buden, auf Bauern- und Supermärkten und auf Festivals. Restaurants haben, auch das nur in Deutschland, in dieser Zeit Extra-Spargelkarten, es gibt Gourmet-Routen in den bekanntesten Anbaugebieten (Badische und Niedersächsische Spargelstraße) und es werden sogar Spargelköniginnen gekrönt.

Die Londoner Foodjournalistin Christie Dietz rät Deutschlandreisenden in ihrem englischsprachigen Blog: „Lasst euch einfach auf den Spargelwahnsinn ein und esst so viel davon wie möglich."

300 verschiedene Arten

Doch was macht den Spargel eigentlich zur derart gehypten Delikatesse? Weckt das Spargelgewächs Frühlingsgefühle? Ist es sein Ruf als einstiges „Gemüse der Könige“? Oder gelten die weißen Stangen wegen der vor allem zu Saisonbeginn gesalzenen Preise bei ihren Fans als Statussymbol? Die nüchternen Fakten: Die beliebten Stangen entstammen botanisch der Familie der Spargelgewächse. Weltweit gibt es rund 300 verschiedene Arten, wir verzehren vor allem die weitverbreitete Sorte „Asparagus officinalis“. Wobei „officinalis“ übersetzt „heilkräftig“ bedeutet – und auf die alte Nutzung von Spargel als Heilpflanze hindeutet.

Und woher kommt der typische Spargelgeschmack? Das Gemüse ist botanisch mit Zwiebeln und Knoblauch verwandt, daher kommen die leichten Schwefelnoten, für die aromatische Milde ist die Asparagussäure zuständig. Expertinnen und Experten adeln Spargel als Lebensmittel, das zu einer gesunden Ernährungsweise beiträgt. Er hat wegen seines hohen Wassergehalts nur wenig Kalorien, aber viele wertvolle Inhaltsstoffe – unter anderem die Vitamine C und E, Folsäure, Kalium und sekundäre Pflanzenstoffe. Dazu kommt: Spargel verweilt relativ lange im Magen und sättigt deshalb gut.

Schon im alten Rom waren die schlanken Stangen eine wichtige Zutat auf Festtafeln in wohlhabenden Kreisen. Cato beschrieb 175 vor Christus ausführlich das Anbauverfahren von grünem Spargel. Auch der Sonnenkönig Ludwig XIV. war ein großer Fan des knackigen Gemüses, das seine Köche ihm sogar im Winter servieren mussten. In Deutschland wurde Spargel im Mittelalter als Heilpflanze verwendet. Sein erster hierzulande urkundlich belegter Anbau als Lebensmittel – im Stuttgarter Lustgarten – datiert auf 1565.

Wurde er bis dahin nur als geschmacksintensiver Grünspargel angebaut, trat nun der zartere und mildere weiße Spargel seinen Siegeszug an. Das war eher einem Zufall zu verdanken: Tonkrüge sollten die jungen Triebe vor Wetter und Ungeziefer schützen – und ohne Sonneneinstrahlung blieben die Stangen darunter bleich. Lässt man den Spargel durch die Erdoberfläche schießen, verfärbt er sich durchs Sonnenlicht violett und danach grün

„Bis Johanni nicht vergessen: sieben Wochen Spargel essen"

Beim Kauf darf Spargel quietschen

Seit mehreren Jahrzehnten wird Spargel in Deutschland vorwiegend unter der Erde angebaut. Und das ist ein mühsames Geschäft. Das Edelgemüse wächst am besten in sandigen Böden, da die sich schneller aufwärmen. Drei Jahre lang muss ein Feld vorbereitet werden, bis die Pflanzen kräftig genug sind, um geerntet zu werden. Und das ist nicht der aufwendigste Teil des Prozesses: Jedes Jahr reisen viele Tausend Erntehilfskräfte ein, um den Spargelhöfen beim „Stechen“ zu helfen. Dabei wird die Erde rund um jede der erntereifen Stangen bis in 40 Zentimeter Tiefe vorsichtig entfernt, bevor der Spargel mit einem Spezialmesser abgeschnitten und das Loch anschließend mit einer Kelle wieder aufgefüllt wird.

Beim Kauf ist es entscheidend, dass der Spargel so frisch wie möglich ist. Er sollte leicht glänzen, sich prall und fest anfühlen und einen geschlossenen Kopf haben. Bei frischem Spargel tritt Saft aus, wenn man ihn anschneidet, und die Stangen quietschen, wenn man sie aneinanderreibt. Früher aß man Spargel, indem man das dicke Ende aufspießte und die Stange dann in den Mund balancierte. Heute gilt als kultivierter, auch ein Messer einzusetzen.

Zu Ende ist der Hype um das weiße Gold traditionell am 24. Juni, dem sogenannten Spargelsilvester. Danach wird nicht mehr geerntet und alle, die keinen Spargel mögen, zum Beispiel die meisten Kinder, können aufatmen. Denn dann gilt die alte Bauernweisheit: „Kirschen rot, Spargel tot.“

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Text: Bruntje Thielke